Förderung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung in der Schweiz

Die Aebli-Näf Stiftung fördert die Aus- und Weiterbildung von Lehrerbildnerinnen und Lehrerbildnern in der Schweiz. Sie verdankt ihr Entstehen dem 1990 in Burgdorf verstorbenen Psychologieprofessor Hans Aebli sowie dessen Ehefrau Verena Aebli-Näf und deren Familie. weiter


Aktuelles

Tagung der Aebli-Näf Stiftung

Auf die Lehrperson kommt es an –
Die psychologische Didaktik Hans Aeblis aus heutiger Sicht

Hans Aebli (1923-1990) hat mit seiner psychologischen Didaktik unser konstruktivistisches Verständnis von Lernen und Unterricht massgeblich geprägt und in der Schweiz wesentlich zur Professionalisierung der Lehrpersonenbildung beigetragen. Im Jahr 2023 jährte sich sein Geburtstag zum 100. Mal. Zu diesem Anlass lud der Fachrat der Aebli Näf Stiftung im November 2023 zu einer Tagung in Bern ein.

Namhafte Vertreterinnen und Vertreter aus der deutschsprachigen Unterrichtsforschung, der Lehrpersonenbildung und der Forschung gaben einem breiten Publikum Einblick in Kernideen von Hans Aebli. Sie setzten diese zur aktuellen Forschung in Beziehung und gingen auf die Frage ein, wie die psychologische Didaktik aus heutiger Sicht Lehrpersonen in ihrer Aus- und Weiterbildung auf die Umsetzung eines lernwirksamen Unterrichts vorbereiten kann (siehe auch Tagungsprogramm).

Dass diese Fragestellungen und Ausführungen auch heute noch sehr aktuell sind, zeigte das breite Interesse des mit rund 240 Teilnehmenden zahlreich erschienenen Publikums aus der Schweizer Lehrer:innenbildung, unter denen neben vielen Weggefährten auch die jüngeren Generationen gut vertreten waren.

Weiterführende Information sowie ausgesuchte Videos der verschiedenen Referate werden in der kommenden Zeit auf dieser Website aufgeschaltet.


Erfolgreich geförderte Projekte

Im folgenden wird ein weiteres erfolgreich abgeschlossenes und verteidigtes Dissertationsvorhaben vorgestellt. Die geförderten Projekte sind sehr unterschiedlich gelagert und zeigen das breite Spektrum thematischer Möglichkeiten.

Schulen und mehrsprachige Lebenswelten.
Vom Umgang mit (il)legitimen Sprachen

Hintergrund und Kontext
Die theoretische Behandlung und die praktische Anwendung der Themen Migration und Mehrsprachigkeit im Schweizer Bildungssystem sind Hauptbestandteile der kumulativen Dissertation. Interkulturelle Bildung, soziale Gerechtigkeit in einer transnationalisierten und superdiversen Schweiz sowie die Änderungen in der demografischen Zusammensetzung seit Ende der 1990er Jahre sind die hoch aktuellen Brennpunkte, denen sich die Dissertation stellt. Ausgangspunkt ist Pierre Bourdieus Unterscheidung zwischen legitimen und illegitimen Sprachen, welche die De-Kapitalisierung von Migrationssprachen im Schweizer Bildungssystem systematisch dokumentiert und das brachliegende pädagogische Potenzial der Mehrsprachigkeit in der heranwachsenden Migrationsbevölkerung aufzeigt.

Die sieben Artikel in peer-review und Synopse basieren auf der Forschung über Mehrsprachigkeit(en) von Kindern und Jugendlichen mit Migrationsgeschichte und pädagogische Angebote wie herkunftssprachliche Bildung oder unterstützende Massnahmen in einem bilingualen Klassenzug an einer Schweizer Primarschule.

Das Bildungssystem der Schweiz tut sich schwer, einen pädagogisch adäquaten Umgang mit der Sprachenvielfalt zu finden, die insbesondere in superdiversen Schulklassen in Stadtvierteln mit einem hohen Anteil von Migrationsbevölkerung längst zum Alltag gehört. Die vorhandenen sprachlichen Ressourcen sind den Lehrpersonen oft nur teilweise bekannt, und sie spielen im Regelunterricht bis heute keine Rolle. Legitime Mehrsprachigkeit (in den Landessprachen und Englisch), die im Unterricht unterstützt wird, und illegitime Mehrsprachigkeit, die ignoriert oder gar unterdrückt wird, kennzeichnet den bildungspolitischen Umgang mit den mehrsprachigen Lebenswelten.

Forschungsprojekte
Die den sechs Fachartikeln und dem Buchkapitel zugrunde liegenden Forschungsprojekte gingen unterschiedlichen Fragen nach. Im Zentrum stand aber immer die übergeordnete Problematik, wie sich Equity bei den Erst- und Familiensprachen – insbesondere den Sprachen der Migration – im formalen Bildungskontext zeigt. Bei den verschiedenen anwendungsorientierten Forschungsprojekten wurde eng mit der Schulpraxis zusammengearbeitet. Mit einem mehrfach erprobten Tandemmodell (Lehrpersonen der sogenannten Herkunftssprachen in Zusammenarbeit mit Regellehrpersonen) konnte aufgezeigt werden, wie die Anerkennung der Heritage Language und die Einbindung der verantwortlichen Lehrpersonen in die Regelstruktur zu sprachlicher Gerechtigkeit beitragen.

Die gewählten, qualitativen Forschungsmethoden – insbesondere jene aus der Ethnographie – ermöglichten einen aussergewöhnlichen Blick auf Normalität(en) von Schulalltag und Bildung. Das Datenmaterial (z.B. Feldnotizen aus teilnehmender Beobachtung, Transkripte von Interviews, Dokumentenanalyse) wurde mit der Grounded Theory Methodology ausgewertet.

Resultate
Die Ergebnisse der forschungsbasierten Projekte für die (Bildungs-)Gesellschaft besteht in der Sichtbarkeit und im Schärfen des Bewusstseins für die herrschenden ungerechten Sprachpraktiken. Sie in Frage zu stellen und über ihre Veränderungen nachzudenken, sowohl auf institutioneller Ebene als auch im öffentlichen Bereich, war die Zielsetzung.

Schlussfolgerungen für die Praxis
Die der kumulativen Dissertation zu Grunde liegenden Projekte leisten einen Beitrag zur soziolinguistischen Erforschung machtvoller Strukturen durch die Erkundung der Migrationsgesellschaft. Damit wird kritisches Hinterfragen, Bewusstwerden und grundsätzlich eine stärkere Sensibilisierung der Mehrsprachigkeit(en) angestossen. Haben die unterschiedlichen Wertigkeiten der sogenannten legitimen und illegitimen Sprachen im Bildungswesen noch ihre Berechtigung oder arbeiten die Schulen an der mehrsprachigen Lebenswelt vorbei?

Irène Zingg, Dr. phil., Pädagogische Hochschule Bern
E-Mail: irene.zingg(at)phbern.ch